déjà vu

Erster Advent

Als das Kind das Haus Richtung Schule verläßt, ist es noch richtig dunkel. Und auf meinem Weg ins Bureau, eine halbe Stunde später, brennt die Straßenbeleuchtung noch immer und macht auch nicht den Eindruck, als wolle sie bald damit aufhören. Es ist, als sei von gestern nach heute ein Schalter umgelegt worden: plötzlich Winter. Bin ich gestern Morgen noch dank Ermunterung durch die Gattin endlich mal wieder gelaufen, hinein in einen beinahe freundlichen Tag, kramten wir am Nachmittag all den Tinnef und Plunder hervor, mit dem man dann so üblicherweise adventlich schmückt. Und da irgendwann muß es passiert sein, das Schalterumlegen. Vielleicht, als ich die Illumination des Apfelbaums anknipste? Der leuchtete brav die ganze Nacht. Kauft man für sowas eigentlich noch eine Zeitschaltuhr, wenn man es schon nicht geregelt kriegt, jeden Abend vorm Schlafen noch mal in den Keller zu laufen um abzuschalten? Wie machen das die Grillionen anderer mit ihren riesigen Leuchtteppichen an Fassaden, Büschen, Tannen oder mit ihren Rentierschlitten, die ganze Gärten in toto erhellen? Freut es da einfach nur die Stromlieferanten oder gibt es im Dezember Sonderkonditionen?

Der Weihnachtsmarkt auf dem Thie, den ich aus nachher nicht mehr nachvollziehbaren Gründen besuchen will, treibt einem noch einmal so richtig die Tränen tiefster Novemberdepressionen in den Hals. All das laubgesägte Kunsthandwerk, die mundgeblasenen Abscheulichkeiten, vor allem aber der Geruch nach alten Leuten, über den das Kind sagt, daß es ihn scheußlich findet, das - ist - in der Tat - schwer zu ertragen. Zumal dieses Jahr nicht einmal ein Karussell für Bewegung sorgt. Der Thie steht einfach nur voll mit Grüppchen von Leuten, die alle so tun, als unterhielten sie sich angeregt, während sie in Wahrheit doch nur signalisieren, daß wir zu spät gekommen sind / nicht dazu gehören / wohl nicht peilen, wie das da läuft. Das Kind bekommt einen lieblos hingeschmadderten Nutella-Crêpe, ich werfe einen pflichtschuldigen Blick auf 100%-Bienenwachskerzen und den Glühweinstand, der heißen Caipirinha anbietet. Dann gehen wir. Ohne uns selbst einen Glühwein anzutun. Zügig. Schleunigst. Und freuen uns über die bunten Lichtelein bei uns zuhaus. Es ist Advent.

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